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„Mein Auto, mein Haus, mein Boot“ war gestern. Warum Teilen immer mehr zum sinnvollen Trend wird.

Allgemein, ÖPNV

Studien* belegen, dass die GenZ auf Besitz gar nicht mehr viel Wert legt. Unsere Gesellschaft ist pragmatisch geworden, Menschen wollen flexibel bleiben. In Zeiten von immer mehr ortsunabhängigem Arbeiten braucht man kein eigenes Auto vorm Eigenheim, sondern ein kostengünstiges, einfaches Angebot egal wo man gerade ist. Der Nachhaltigkeitsgedanke und die nach oben drehende Kostenspirale tun ihr Übriges. Viele in unserem Land schauen neidisch zu unseren Nachbarn – Amsterdam, Paris und Kopenhagen sind Symbolstädte für gelungene Infrastruktur geworden, durch die sich der Mensch auch urbane Räume zurückerobert hat. Doch auch in Deutschland hat sich in den letzten Jahren viel getan. Nicht flächendeckend, nicht ausreichend, aber während man vor 10 Jahren ohne das eigene Auto nur vier Alternativen hatte – Bus, Bahn, Taxi oder Mietwagen – hat sich das Spektrum an Angeboten deutlich erweitert. Neue Sharingangebote wurden dabei insbesondere durch digitale Lösungen beflügelt. Wer von A nach B möchte, schaut heute in eine der zahlreichen APPs und bucht dort sein E-Scooter, Busticket oder seine Fahrgemeinschaft. Mitfahrapps, On-Demand-Lösungen oder autonom fahrende Shuttles sind Bausteine der heutigen Shared Mobility und bilden gemeinsam integrierte Mobilitätsnetze, die nahtlos aneinander anknüpfen.
Strecke an Strecke geht nur Hand in Hand. Für eine nahtlose Infrastruktur muss vieles und müssen viele unter einen Hut bekommen werden: Technologischen Anbietern und Start-ups fehlt oft die Verbreitung und das Know-How für flächendeckende Lösungen, Kommunen und Betreiber des öffentlichen Verkehrs wiederum brauchen digitales Know-how und Innovationen, um ihren Verkehr in Ergänzung von Bus & Bahn neu aufzugleisen. Und das Gros der Unternehmen fängt gerade erst an, das Thema Mobilität für sich zu entdecken, dabei profitiert speziell die große Gruppe der Mitarbeitenden besonders von besseren Anbindungen ihrer Arbeitsstätte.

Betriebliches Mobilitätsmanagement sollte überbetrieblich gedacht werden.

Gewerbegebiete, Büroparks und Co. können am besten gemeinsam mit Sharing-Tools, Mobilstationen und dem ÖPNV neue Strecken, Taktungen und Lösungen für die sogenannte letzte Meile anbieten. Dazu gilt es, Allianzen zu schmieden und frühzeitig die Kommune ins Boot zu holen. „Der Bedarf an vernetzten Mobilitätsangeboten ist enorm und wir werden ihn nur dann decken können, wenn Investoren, Privatwirtschaft und die öffentliche Hand noch enger zusammenarbeiten“, ruft Stefan Peltzer (Leiter IHK-BEMO) zu mehr gemeinsamer Bewegung auf. Aber auch ohne kommunale Unterstützung können Arbeitgebenden kreativ werden und z.B. einzeln oder gemeinsam selbst zu Sharinganbietern werden, Poolfahrzeuge zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung stellen und Fahrgemeinschaften forcieren. Durch Apps wie das Pendlerportal können Mitarbeitende gemeinsame Fahrten zum Arbeitsort arrangieren. Unternehmen können dies unterstützen und mit einem eigenen, „Corporate Car-Sharing“ als Fallback-Lösung den Nachhauseweg sicherstellen, auch, wenn eine Fahrgemeinschaft einmal nicht zustande kommt. Bei der Telekom überbrücken beispielsweise On-Demand-Shuttles die erste und letzte Meile zum bestehenden ÖPNV für Berufspendler. Die Mitarbeitenden können den Shuttle-Service über eine App bestellen und erhalten dann eine Abholzeit und -ort, die sich an ihrem individuellen Fahrplan orientiert. Alle Shuttles sind mit WLAN und USB-Ladestationen ausgestattet und sollen ein komfortables und effizientes Pendeln ermöglichen.

Ländlicher Raum muss erschlossen werden

Die Vielzahl der Lösungen und Anbieter ist beeindruckend und macht Mut, dass auch der ländliche Raum sukzessive erschlossen werden kann. Gerade hier hängt die Situation der Unternehmen maßgeblich davon ab, wie sie es ihren Mitarbeitenden zeitgemäß, ohne eigenen PKW, ermöglichen können zur Arbeit zu kommen. Menden machts vor. Ein laufendes Modellprojekt ist das Projekt „Lebenswertes Gewerbegebiet“ Hämmer in Menden. Hier wird (Über-)betriebliches Mobilitätsmanagement bei der Entwicklung eines Gewerbegebiets von Anfang an mitgedacht. Es handelt sich um den neuen südlichen Teil des Gewerbegebietes Hämmer mit 25 HA neuer Gewerbefläche und der Möglichkeit, bis hin zur Schwerindustrie unterschiedliche Unternehmen anzusiedeln. Es werden rund 5.000 neue Arbeitsplätze im Gewerbegebiet entstehen. Allerdings sind unterstützende Angebote für eine „staufreie“ Anreise nicht gewünscht, damit die Pendler aus dem Ruhrgebiet nicht alle mit dem eigenen Pkw zum Arbeitsplatz fahren. Im Gegenteil: Hier soll ein lebenswertes Gewerbegebiet entstehen, unter anderem mithilfe von durchdachten Mobilitätsangeboten, zugeschnitten auf die Unternehmen und ihre Arbeitnehmer:innen. Gemeinsam mit dem Märkischen Arbeitgeberverband, dem lokalen ÖPNV-Betreiber der Märkischen Verkehrsgesellschaft, der TU Dortmund und den Stadtwerken Menden soll u.a. ein zentraler Mobilitäts-Hub im Gewerbegebiet errichtet und nachfrageorientierte Angebote und Services bündeln. Matthias Thelen (Stadtwerke Menden) betont: „Die Mobilitätswende scheitert im ländlichen Raum, wenn dort nicht mehr Use Cases der Zukunftsmobilität erprobt werden. Dabei müssen wir gemeinsam mit den Unternehmen vor allem einen Fokus auf die Mitarbeitermobilität legen, denn junge Menschen können ohne eigenes Auto schlichtweg den Ausbildungsbetrieb nicht erreichen, was den Fachkräftemangel im Mittelstand deutlich verschärfen wird.“

* https://www.jstor.org/stable/pdf/resrep21774.pdf; https://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/42748; http://fox.leuphana.de/portal/files/3881633/Heinrichs_Grunenberg_Sharing_Economy.pdf

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„Die Verkehrswende braucht dringend Menschen, die dazu in der Lage sind, sie zu gestalten.“

Allgemein

Der Fachkräftemangel macht ein Handeln unabdingbar:  Prof. Dr.-Ing. André Bruns, Professor an der Hochschule RheinMain, spricht im Interview über die Relevanz des Bachelorstudiengangs Mobilitätsmanagement und den weiteren Plänen zur Ausbildung der so dringend benötigten Expert:innen in diesem Bereich.

Professor Bruns, den Bachelorstudiengang Mobilitätsmanagement gibt es an Ihrer Hochschule RheinMain nun seit 2016. Warum erschien Ihnen das damals notwendig?
Prof. André Bruns: Ganz einfach: Uns fehlen die Fachleute, um die Verkehrswende gestalten zu können, und es gab keine spezifische Ausbildung. Das Themenfeld Mobilität ist sehr interdisziplinär und umfasst viel mehr Fragen, als sie Geografen, Verkehrswissenschaftler oder Wirtschaftswissenschaftler allein lösen könnten. Wie entsteht Mobilität? Was beeinflusst unser Mobilitätsverhalten? Wie entwerfe und plane ich Verkehrsangebote? Wie sieht eine gute Straße aus? Wie plane ich ÖPNV, wie wird das bei Gemeinden geplant? Wie implementiere ich das auf die Unternehmensseite? Wie kommuniziere ich mit den sehr verschiedenen Stake-
holdern? Es braucht Expert:innen, die in der Lage sind, alle diese Bereiche zu beleuchten und Antworten auf diese komplexen Fragen zu finden.

Gab es Widerstände/Kritik?
Da müssten Sie eigentlich Volker Blees (Anm. d. Red.: Professor der Hochschule RheinMain) fragen, er hat den Antrag damals eingereicht – ich kam erst später dazu. Aber soweit ich weiß, gab es gar keine Widerstände. Warum auch? Die Verkehrswende braucht dringend Menschen, die dazu in der Lage sind, sie zu gestalten. Wir bekommen wöchentlich Zusendungen und Anfragen von Unternehmen, die dringend Mitarbeitende für dieses Thema suchen. Ein Kollege hat es neulich treffend zusammengefasst: „Wir haben eigentlich alles. Die Menschen wollen es, die Politik will es, das Geld ist da – aber es fehlen die Leute, die es machen.“

Deshalb auch die Bachelorausbildung? Damit die Leute schnell in die Praxis kommen?
Richtig. Wobei es zum nächsten Semester auch einen Masterstudiengang gibt. Hier legen wir einen vertiefenden Schwerpunkt auf die für eine Mobilitätswende relevanten Kompetenzen. Denn so sehr wir Fachleute für die Praxis benötigen, auch die Forschung muss vorangetrieben und Führungskräfte ausgebildet werden. Das Thema wird uns nie wieder loslassen. Lösungen, wie man nachhaltig mobil sein kann, wird ein Dauerthema sein – auch international.

Was ist das Besondere an Ihrem Studiengang? Und für wen eignet er sich?
Ich finde Ingenieurstudiengänge immer großartig, weil man sich dabei immer um die Gestaltung der Zukunft bemüht. Hier gilt dies insbesondere auch im Sinne einer nachhaltigen Perspektive, was den Studiengang noch relevanter macht. Und er ist besonders für Menschen mit breitem Interesse geeignet. Bei uns findet man weniger die Mathe-Cracks als die Generalisten. Das entspricht auch der Breite des späteren Handlungsfeldes, was oft unterschätzt wird. Unsere Absolventen können zur Bahn gehen, auf Unternehmensseite arbeiten, in Kommunen tätig werden genauso wie für Verkehrsplanung, Unternehmensberatungen, Architekturbüros etc.

Welchen Stellenwert nimmt die IHK-Weiterbildung ein?
Für Leute, die bereits nah am Thema gearbeitet haben, ist die Weiterbildung super und das Angebot der IHKs wichtig – vor allem, um Schnittstellen zu schaffen und um Umsetzungs-Know-how in die Unternehmen zu tragen. Unkenntnis wird nämlich häufig zum Showstopper. Da fängt ein Unternehmen motiviert an und scheitert dann an Problemen, die man mit entsprechendem Background einfach hätte lösen können. Fürs Mobilitätsmanagement müssen alle zusammenarbeiten: Standorte, Kommunen, Unternehmen, die Mitarbeitenden etc. pp. Wir brauchen diese Mobilitätsmanager, die wissen, wie die andere Seite spricht, um all diese Parteien abzuholen.

 

„Lösungen, wie man
nachhaltig mobil sein kann,
wird ein Dauerthema sein –
auch international.“ Prof. Dr.-Ing. André Bruns
Fachgebiet „Mobilitätsmanagement und Verkehrsplanung“
an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden (HSRM)

 

Prof. Dr.-Ing. André Bruns‘ Schwerpunkte in Lehre, Forschung und Projekten sind integrierte Konzepte für nachhaltige Mobilität an der Schnittstelle zwischen Raum- und Verkehrsplanung, insbesondere im Bereich der Beeinflussung der Verkehrsnachfrage (Mobilitätsmanagement).
Zudem gehört die Gestaltung komplexer verkehrsmittelübergreifender regionaler Planungs- und Governanceprozesse sowie die Evaluation von Programmen und Projekten zu seinen Kernkompetenzen.

Bruns ist in mehreren Gremien der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) sowie der Deutschen Plattform für Mobilitätsmanagement (DEPOMM) aktiv.

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„Es gibt aus meiner Sicht kein ‚Entweder-oder‘, sondern nur ein ‚Sowohl-als-auch‘.“

Allgemein

Welche Schubkraft erhält die Verkehrswende unter der neuen Landesregierung? Welche Chancen bieten sich durch die Zusammenlegung der Ressorts Umwelt, Naturschutz und Verkehr?  Minister Oliver Krischer im Interview.

Ihr Ministerium verantwortet die Themen Umwelt, Naturschutz und Verkehr. Inwieweit bringt dieser Zuschnitt die Verkehrswende schneller voran?

Der Zuschnitt des Ministeriums schafft die Chance, Abstimmungs- und Planungsprozesse zu beschleunigen. Die Bereiche tangieren sich regelmäßig. Wenn zum Beispiel ein größeres Ausbauvorhaben in der Schieneninfrastruktur umgesetzt werden soll, kommen oft auch Fragen des Umwelt- und Naturschutzes auf. Diese Fragestellungen können nun mit der Verknüpfung der Kompetenzen und Zuständigkeiten innerhalb eines Ministeriums direkt mitgedacht werden. Insofern bedeutet dies einen Schub für die Verkehrswende, da man bei größeren Projekten mit Verlagerungspotenzial zu den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds mehr Tempo machen kann.

Darf man die Reihenfolge auch als Rangfolge verstehen?

Nein, alle Politikfelder sind ohne Rangfolge gleichberechtigt. Für mich heißt es nicht: Verbesserung der Infrastruktur oder Schutz der Natur, Mobilität oder Klimaschutz. Es gibt aus meiner Sicht kein ‚Entweder-oder‘, sondern nur ein ‚Sowohl-als-auch‘. Das ist mein Anspruch als Minister: Widersprüche aufzulösen und in Einklang miteinander zu bringen.

Bessere Mitarbeitermobilität durch betriebliches Mobilitätsmanagement nimmt bei der Einsparung von CO2-Emissionen einen großen Stellenwert ein. Was wollen Sie dafür als Minister ändern, weiterführen oder auch ausbauen?

Mit dem Zukunftsnetz Mobilität NRW schreiben wir hier in NRW eine langjährige Erfolgsgeschichte: Das Zukunftsnetz ist oftmals die allererste Beratungsinstanz für die Kommunen, wenn es um Fragen der nachhaltigen Mobilitätsentwicklung geht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zukunftsnetzes kennen die verschiedenen Fördermöglichkeiten und können hierzu informieren. Sie können Kontakte vermitteln und Brücken bauen, wenn es an irgendeiner Stelle mal haken sollte.
Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass wir das Zukunftsnetz Mobilität NRW in dieser Legislaturperiode stärken und insbesondere Projekte für betriebliches Mobilitätsmanagement unterstützen wollen. In diesem Sinne fördern wir bereits seit 2021 das IHK-Netzwerkbüro Betriebliche Mobilität NRW, das Unternehmen bei ihrer Transformation in Richtung einer nachhaltigeren Mobilität berät und Mobilitätsmanager*innen ausbildet, die in den Betrieben heute und in Zukunft gebraucht werden. Gemeinsam mit dem IHK-Netzwerkbüro und dem Zukunftsnetz haben wir eine enge Zusammenarbeit sowie eine regelmäßige inhaltliche Abstimmung bei den jeweiligen Themen und Projekten vereinbart. Ein konkretes Ergebnis dieser Kooperation ist der aktuell laufende Landeswettbewerb ‚ways2work‘.
Diesen Weg gehen wir nun konsequent weiter, indem wir – analog zum IHK-Netzwerkbüro – die Errichtung eines Kompetenzbüros beim Westdeutschen Handwerkskammertag fördern. Dadurch erweitern wir unseren Instrumentenkasten deutlich und können Stakeholder ansprechen sowie für einen Weg in Richtung einer nachhaltigeren Mobilität motivieren, die wir vorher nicht erreicht haben.

Aktuell wird z.B. über das Dienstwagenprivileg die Nutzung des persönlichen Autos gefördert. Nachhaltige Mobilität wird derzeit vom Gesetzgeber nur in einigen wenigen Bereichen steuerlich bzw. abgabentechnisch begünstigt. Was braucht es als attraktive Alternativen zum persönlichen Auto? Woran fehlt es noch?

Es geht nicht um die private Nutzung von Dienstwagen, sondern um die steuerliche Subventionierung von großen und klimaschädlichen Fahrzeugen. Das ist nur eine von vielen umweltschädlichen Subventionen und zudem noch eine sozial sehr ungerechte. Das Umweltbundesamt beziffert die Gesamtsumme der umwelt- und klimaschädlichen Subventionen auf unglaubliche 66 Milliarden Euro. Damit entgeht dem Staat Geld, das anderweitig besser investiert werden könnte, um dadurch möglichst allen zugute zu kommen: In die Verbesserung des Fern-, Regional- und Nahverkehrs, in den Ausbau alternativer Mobilitätsangebote, in die Radinfrastruktur usw. Gerade in diesen Bereichen muss zukünftig noch stärker investiert werden, um mit überzeugenden Angeboten mehr Menschen zum Umstieg aus dem eigenen Auto zu bewegen.
Aber es läuft bereits einiges in die richtige Richtung: Was zum Beispiel die Frage nach der steuerlichen Begünstigung nachhaltiger Mobilität betrifft, so nimmt das Thema Fahrrad-Leasing über den Arbeitgeber einen immer größer werdenden Stellenwert ein. Oder nehmen wir die anstehende Tarifrevolution im ÖPNV als Beispiel: Ein Ticket, ein Preis, ein Tarifgebiet – Mit dem bundesweit einheitlichen, bezahlbaren ‚Deutschlandticket‘ werden demnächst Jahrzehnte alte Tarifgrenzen aufgesprengt. Die Einführung dieses Tickets wird aus meiner Sicht einen enormen Schub für den ÖPNV mit sich bringen.

Mit ‚ways2work‘ fördert das Land Nordrhein-Westfalen explizit Gemeinschaftsprojekte von Kommunen und Unternehmen. Warum halten Sie das für notwendig oder wichtig?

Viele Fördermöglichkeiten, die wir anbieten, richten sich in erster Linie an die Kommunen. Die Unternehmen haben jedoch den direkten Kontakt zu der Belegschaft, können dort schnell und unkompliziert Bedarfe ermitteln und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Mobilitätsthemen informieren. Vor diesem Hintergrund macht es einfach Sinn, dass sich beide Seiten zusammentun – nicht nur für den Wettbewerb, sondern auch darüber hinaus. Das ist schließlich ein gewünschter Nebeneffekt von ‚ways2work‘: Die Etablierung eines Dialogs zwischen allen Seiten, um Bedarf, Planung und Umsetzung dauerhaft bestmöglich übereinander legen zu können.
Der Wettbewerb ist eine tolle Chance, sowohl für die Unternehmen deren Mitarbeitermobilität als auch das gesamtstädtische Mobilitätskonzept zu verbessern. Daher möchte ich abschließend gerne noch einmal zur Teilnahme aufrufen: Es gibt nichts zu verlieren, aber eine Menge zu gewinnen. Ich freue mich jedenfalls auf möglichst zahlreiche Projektskizzen aus ganz NRW.

 

Vielen Dank für das Interview.

 

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„Kein Unternehmen kann es sich mehr leisten, in Sachen Nachhaltigkeit mit ,mangelhaft‘ abzuschließen.“

Allgemein

Die EU-Taxonomie verordnet es, der Klimawandel macht es dringlicher denn je: Sylvia Lier, Expertin für Personenmobilität und Transformation, erklärt uns, wie wir es schaffen, auch bei der betrieblichen Mobilität umzudenken und CO2 zu reduzieren.

Frau Lier, „Atomkraft, nein danke“ – hieß es seit den 70ern an vielen Stellen. Kommt jetzt der Aufkleber „Auto, nein danke?“
Lier: Ich würde es lieber positiv formulieren. Mobilität? Ja, bitte! Ich finde es wichtig, dass wir viel weniger Autofokussiert unterwegs sind und stattdessen multimodale Mobilität nutzen – also Mobilität, die sich aus ganz verschiedenen Mobilitäts- oder Verkehrsmitteln zusammensetzt. Dazu zählt natürlich der ÖPNV, aber auch Sharing-Angebote, das Fahrrad und im Grunde auch der Fußweg. Je flexibler und vielfältiger man all das nutzt, desto umweltfreundlicher. Es bringt aber auch nichts, Autos per se zu verteufeln. Dadurch bauen wir nur Fronten auf. Das passiert ja aktuell schnell, wie man an der Dienstwagen-Debatte sieht. Ich bin dafür, dass es attraktive Alternativen zum Auto gibt. Aber wer sich trotzdem – meistens sogar allein – hinters Steuer setzt, der kann das auch weiterhin tun.

Was braucht es denn, damit es attraktive Alternativen zum persönlichen Auto gibt?
Die Basis ist erst einmal ein guter ÖPNV. Mit einem engen Takt und verlässlichen Zeiten. Für einen alltäglichen multimodalen Verkehr, der genauso bequem oder sogar bequemer ist als das eigene Auto, braucht es aber mehr: eine gute Fahrradinfrastruktur sowie Sharing-Angebote. Die Sharing- Angebote können wir uns als komplementäres Mobilitätsprodukt zum ÖPNV vorstellen. Mal für die erste oder letzte Meile, mal ganz bewusst anstelle des öffentlichen Verkehrs. Je nach Situation und Bedarf.

Und wie sieht das in Unternehmen aus? Was ist zum Beispiel mit den Leuten, die einen Dienstwagen haben? Sie sind führende Expertin für das Thema Mobilitätsbudget – ist das Budget die Lösung für Unternehmen?
Ja, ganz genau. Ein Mobilitätsbudget ist ein Betrag, den Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden für verschiedene Mobilitätsformen zur Verfügung stellen. Mit diesem Betrag können die Mitarbeiter:innen die private Nutzung verschiedener Mobilitätsangebote bezahlen bzw. ihre Kosten intern mit ihrem Arbeitgeber abrechnen. Dazu gibt es zwischenzeitlich eine Reihe professioneller Lösungsanbieter. Mobilitätsbudgetswerden heute als Alternative zum Dienstwagen angeboten oder z. B. als pauschaler Gehaltsbestandteil zur Incentivierung nachhaltiger Pendelmobilität.

Was gehört denn üblicherweise in so ein Budget? Können Sie ein Beispiel geben?
Ja, natürlich. Grundsätzlich hängt das natürlich erst mal von der Höhe des Budgets ab. Ersetzt es einen Dienstwagen oder ist es nur ein kleinerer Teil des Gehalts. In den meisten Fällen stellt das Verkehrsmittel Bus oder Bahn die Basis dar, z. B. als Monatsabo oder BahnCard. Viele Unternehmen haben außerdem Angebote für das Leasing sog. Diensträder. Sharing-Angebote gehören genauso dazu. Auch Auto-Abos können Teil eines Mobilitätsbudgets sein. Wenn Unternehmen ihrer gesamten Belegschaft Mobilitätsbudgets als Pendlerpauschale anbieten, ist der Betrag geringer. Häufig sind solche Angebote mit finanziellen Anreizen verbunden, anstelle des Autos z. B. das Rad für den Weg zur Arbeit zu nehmen oder Fahrgemeinschaften zu bilden.

Viele Menschen würden gerne mit Bus und Bahn zur Arbeitsstelle kommen. Aber es fehlt oft die Anbindung auf der sogenannten letzten Meile. Haben Sie praktische Tipps?
Ich sehe, dass sich immer mehr Unternehmen mit dem Thema „letzte Meile“ beschäftigen und die Problematik auch aktiv angehen. Wenn die letzte Haltestelle zu weit vom Firmenstandort entfernt liegt, kann das Unternehmen ggf. gemeinsam mit den Vertretern der Kommune und von Dienstleistern überlegen, ob man Mieträder oder E-Scooter aufstellt, die dann für die letzte Strecke genutzt werden können. Sofern sich die Kommunen an derartigen Lösungen finanziell nicht beteiligen, kann zumindest vereinbart werden, dass entsprechende Flächen für das Abstellen der Räder etc. zur Verfügung gestellt werden. Die Kosten für die Mieträder müsste in dem Fall das Unternehmen tragen. Ich kenne mehrere Unternehmen, die solche Lösungen bereits in die Umsetzung gebracht haben. Eines davon ist die Provinzial Versicherungsgesellschaft in Münster, die eine solche Lösung mit den Sharing-Anbietern tretty (Räder) und wuddi (E-Autos) umgesetzt. Und damit sich die Mitarbeitenden zu diesen Angeboten schnell einen digitalen Überblick verschaffen können, wurde außerdem eine App eingeführt. Andere Unternehmen schaffen z. B. sog. Carpools an – Fahrzeuge, die von mehreren Menschen mithilfe einer App problemlos genutzt werden können. Diese Fahrzeuge helfen natürlich nicht bei der Problematik erste/letzte Meile. Aber sie können dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden kein eigenes Auto anschaffen müssen.

Wenn Unternehmen ihre betriebliche Mobilität nun multimodaler und damit nachhaltiger gestalten wollen – was empfehlen Sie ihnen?
Unternehmen brauchen dafür Know-how und personelle Ressourcen. Ein betriebliches Mobilitätskonzept ist erst einmal mit einem Füllhorn verschiedener Themen verbunden, in die man sich einarbeiten muss. Ich empfehle im ersten Schritt deshalb immer, Leute zu holen oder zu beauftragen, die das Thema professionell in die Hand nehmen können. Erfahrene Projektleiter:innen oder betriebliche Mobilitätsmanager:innen, wie sie z. B. die IHK ausbildet. Die sind im Thema, kennen den Markt und können schnell von der Theorie in die Praxis transferieren. Und im zweiten Schritt? Eine Bestandsaufnahme, und zwar zahlenmäßig. Die Unternehmen sollten einen Dienstleister beauftragen, der anhand einer sogenannten Heatmap Daten zu den Wohnorten und Pendelwegen der Belegschaft zusammenstellt. Auf dieser Basis werden theoretische Pendeloptionen mit dem Auto, dem Fahrrad, dem ÖPNV oder mit Fahrgemeinschaften dargestellt. Anschließend kann das Unternehmen entscheiden, welche Mobilitätslösungen es ggf. besonders unterstützen möchte. Zusätzlich können Incentives aufgesetzt werden, die Menschen motivieren, z. B. häufiger mit dem Rad zur Arbeit zu kommen. Diese Bestandsaufnahme bietet einen relevanten Messpunkt für den Mobilitätsmix – den nennt man übrigens Modalsplit – beim Pendeln oder auch für die geschäftlichen Reisen. Diese Zahlen werden zukünftig sehr wichtig sein. Warum werden diese Zahlen wichtig? Die neue EU-Taxonomie-Verordnung besagt, dass alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden zukünftig in ihrem Geschäftsbericht, dort konkret im Lagebericht, zu ihrer betrieblichen Mobilität im Scope 3 berichten müssen – neu ist dabei der Bericht über das Pendelverhalten der Belegschaft. Und es ist sicherlich davon auszugehen, dass sich Shareholder, Ratingagenturen und andere diese Positionen genau anschauen werden. Kein Unternehmen kann es sich mehr leisten, in Sachen Nachhaltigkeit mit „mangelhaft“ abzuschließen.

In wessen Verantwortung sehen Sie die Mobilitätswende?
Das können wir nur gemeinsam schaffen. Wir brauchen dazu verschiedene Akteure, die ihre jeweiligen Perspektiven teilen. Städte oder Kommunen sprechen dazu idealerweise mit den Unternehmen und auch mit den Dienstleistern. Wenn multimodale Mobilität in die Umsetzung kommen soll, gehören viele an einen Tisch. Toll ist, wenn dann eine gemeinsame Idee entsteht, wie die Mobilität für Arbeitnehmer: innen und Bürger:innen der Stadt aussehen soll. Mobilität gestaltet man eben am besten gemeinsam.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

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Das 9- Euro-Ticket ist da

Bundesregierung, ÖPNV

Der Weg für das 9-Euro-Ticket ist da : Sowohl für Bestandskund:innen als Bonus-Ticket, als auch als Schnupper-Ticket für diejenigen, die bisher für ihre Mobilität auf Bus und Bahn verzichtet haben. Diese einmalige Sonderaktion gilt bundesweit ab dem 1. Juni für 90 Tage und ist nicht begrenzt. Das bedeutet, wer das Ticket in Dortmund kauft, kann damit auch Busse und Bahnen in Hamburg nutzen. Verkauft wird das 9-Euro-Ticket an Kundenzentren, Automaten oder den Verkaufsstellen der Verkehrsverbünde und -unternehmen.

Damit profitieren Kundinnen und Kunden im ÖPNV (öffentliche Personennahverkehr) als Teil des Energie-Entlastungspakets der Bundesregierung. Die Politik unterstützt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel – das Rückgrat einer nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität. Dies ist eine große Chance, um mehr Menschen in den ÖPNV zu bekommen. Im Gegenzug für die willkommene finanzielle Entlastung müssen sich die Berufspendler auf deutlich vollere Bahnen und Busse einstellen. Mein Tipp für Neukunden wäre es, den ÖPNV nicht in der Rushour zu erkunden. Denn der öffentliche Verkehr leidet jetzt schon unter Unterkapazitäten beim Personal, Material und schlechter Infrastruktur. ÖPNV muss auch Spaß machen können und in einer bis zur Belastungsgrenze gefüllten Bahn fällt das schwer. Ich bin gespannt, wie viele Neukunden der ÖPNV hinzugewinnen kann.

Das pauschale 9-Euro-Ticket ohne jede Tarifgrenze überzeugt vielleicht auch bisherige Skeptiker, die den ÖPNV zu kompliziert fanden. Letztlich überzeugt aber nicht nur der Preis, sondern das Mobilitätsangebot zu einem Umstieg.

Ich möchte mir aber nicht nehmen lassen, einen Tipp für die Nutzung des 9-Euro-Tickets zu geben. Das Angebot kommt genau richtig zum Beginn der Sommerferien. Nutzen Sie das Ticket für einen Ausflug in die Nachbarstädte in die Natur. Shopping kann viel entspannter sein, wenn man keine Parklücke suchen und man beim „Absacker“ nicht an den Führerschein denken muss.

 

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Betriebliche Mobilität – Wieso, weshalb für wen?

Allgemein

Genauso, wie die Erfindung der mobilen Telefonie unser Leben und Arbeiten revolutioniert hat und aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken ist, hält Verkehr und Mobilität unsere Wellt im wahrsten Sinne des Worten am rollen und wurde niemals kritischer diskutiert als heute. Mobilität verbraucht die knappen Güter Energie und Platz und schenkt dem Planeten dafür Emissionen – ein schlechter Tausch, finden Viele.

Jede:r Einzelne wird momentan mit dem Thema und dem Gewissen konfrontiert und alle kennen den Begriff  des „ÖkologischernFußabdrucks“. Flugreisen werden nicht mehr nur bei Politiker:innen beäugt, Lastenfahrräder gehören längst zum Stadtbild. Für die einen ist das längst überfällig, für die anderen lästiges Ende der Bequemlichkeit. Beim Klimaschutz ist jeder von uns gefragt, klar. Umso größer ist aber die Wirkung, wenn man eine größere Anzahl Menschen erreicht. So wie die vielen Millionen Mitarbeitenden, die – wenn es ganz schlecht läuft – täglich, alleine, große Distanzen mit ihrem Verbrenner zurücklegen – auf dem Weg zur Arbeit und zurück. Viele auch im Außen- oder Lieferdienst während der Arbeit. Und je nach Gebiet meist im Stau, aber …

 

Deshalb nimmt die sogenannte Betriebliche Mobilität einen besonderen Stellenwert ein und Unternehmen können eine Menge dafür tun, ihren Mitarbeitenden alternative Mobilitätslösungen schmackhaft zu machen oder überhaupt erst zu ermöglichen. Denn umweltfreundliche Alternativen scheitern schnell an der operativen Umsetzung und Infrastruktur: Wenn ich mein Fahrrad nicht vernünftig sicher und trocken abstellen kann, steige ich lieber ins Auto. Wenn ich mein E-Auto nicht vor Ort laden kann, fahre ich weiter Verbrenner und Fahrgemeinschaften würde ich zwar machen, aber weiß gar nicht wie ich das anstellen und organisieren soll. Und natürlich sind auch die Kommunen gefragt, denn Busse brauchen Strecken, brauchen Haltestellen und einen Takt, der es Mitarbeitenden unkompliziert ermöglicht auf den ÖPNV umzusteigen.

Wer unseren Verkehr effizienter, umwelt- und sozialverträglicher gestalten möchte, kommt am betrieblichen Mobilitätsmanagement nicht vorbei. Und an Fachleuten, die das Thema unternehmensintern in die Hand nehmen – betriebliche Mobilitätsmanager:innen. Sie analysieren und optimieren die eigenen Mobiltätsansprüche, erkennen Verbesserungspotenziale und kennen die entsprechenden Maßnahmen für die Bereiche Verkehr, Infrastruktur, Service und Kommunikation. Dass dieser Bereich auch in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen wird, erkennt man daran, dass die Hochschule Rhein Main in Wiesbaden 2017 als erste deutsche Hochschule den Bachelor-Studiengang „Mobilitätsmanagement“ eingeführt hat. Aber auch die BEMO und die IHK in NRW bildet in einem Zertifizierungslehrgang aus.

Auf dieser Website stellen wir erste Informationen zu dem sehr umfassenden Thema Betriebliche Mobilität zusammen. Daneben bieten wir viele tiefergehende Informationen, zum Beispiel zu steuerlichen Themen oder vermitteln geeignete Beratungsstellen.

 

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